„Wer bestellt, muss auch bezahlen!“

Sozialwirtschaft unter Existenzdruck: Unternehmerverband Soziale Dienste und Bildung fordert bessere Zahlungsmoral der öffentlichen Hand und deutlich weniger Bürokratie | 25-jähriges Verbandsjubiläum

„Die Politik handelt paradox: Sie fordert von den Trägern sozialer Dienstleistungen Tariftreue, weigert sich dann aber häufig, diese Tarifkosten auch zu refinanzieren. So bringt man eine Branche, die sowieso schon vom Fachkräftemangel gebeutelt und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland so wichtig ist, in schiere Existenznot. Wer bestellt, muss auch bezahlen!“ Das sagte Michael Reichelt, Vorstandsvorsitzender des bundesweit aktiven Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung diese Woche in Duisburg anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Verbandes

Aktuell litten, so Reichelt, insbesondere die Träger von Kitas und ambulanten Pflegediensten unter großen Finanzierungsdefiziten. „Wir alle wissen, dass die Refinanzierung von Kostenerhöhungen sehr häufig zeitlich gestreckt wird. Und in der Zwischenzeit muss die Einrichtung, die keine Rücklagen bilden darf, die Erhöhung selbst bezahlen. Wie soll das auf Dauer funktionieren?“ Ein weiteres Indiz: Schon jetzt träten Landschaftsverbände bei Einzelverhandlungen auf die Kostenbremse, obwohl eine Vergütung nach Tarif oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht vom Kostenträger als unwirtschaftlich abgelehnt werden dürfe. „Das sind keine Lösungen, das sind noch nicht einmal Notlösungen“, so Reichelt. „Dieses Vorgehen schiebt uns Träger nur immer weiter auf den Rand der Klippe zu.“ 

Mehr dunkle Wolken am Horizont

Reichelt sieht weitere dunkle Wolken am Horizont: Die Haushaltslage vieler Kommunen verschlechtere sich rapide. Steigende Zinskosten und deutlich steigende kommunale Sozialleistungen belasteten Städte und Gemeinde zunehmend. Die Bundesländer hielten sich ebenfalls mit der Refinanzierung sozialer Dienstleistungen mehr und mehr zurück und der Bund versuche unablässig, Kosten auf andere abzuwälzen. „Es kann nicht angehen, dass die Politik große Wohltaten verspricht, die finanzielle Verantwortung dann aber zum Pingpong-Spiel zwischen den verschiedenen Entscheidungsebenen verkommen lässt – auf dem Rücken der Sozialwirtschaft“, so Reichelt. 

Seine Forderung: „Wenn wir unsere Einrichtungen weiter gut führen wollen, dann brauchen wir nicht nur zeitgleich und inflationsausgleichend die erforderlichen finanziellen Mittel für Personal, Investitionen und sonstige Kosten, sondern auch zuverlässige Rahmenbedingungen von der Politik auf allen Ebenen – von der Kommune bis zum Bund.“ 

Das gelte auch für die explodierende Bürokratie: Das sogenannte Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) sei für die Unternehmen schlicht eine Katastrophe. Insbesondere Einrichtungen für Menschen mit Behinderung hätten ihre Pflegedienste aufgrund des GVWG einstellen müssen. Ambulante Pflegedienste seien bereits vielfach in finanzielle Engpässe geraten. Zudem sei der Eigenanteil der Bewohner in der stationären Altenhilfe drastisch gestiegen. Reichelt: „Hier wird nichts weiterentwickelt, lediglich der Aufwand für die Sozialunternehmen ohne Grund gesteigert. Während der Staat die eigenen Fristen nicht einhält und sich in seinem Regulationsdickicht oft selbst nicht mehr auskennt.“ 

Innovative Tariflösungen des Verbandes helfen den Sozialunternehmen

Immerhin: Der Verband habe in den vergangenen 25 Jahren viele Fehlentwicklungen in der Sozialwirtschaft für die Unternehmen abmildern können, insbesondere durch innovative tarifrechtliche Lösungen und arbeitsrechtliche Beratung. „Und darauf setzen wir auch für die Zukunft“, sagt Reichelt. „Der TVöD ist für die sozialen Dienstleister definitiv nicht das Maß aller Dinge. Wir brauchen schlanke und flexible Lösungen! Damit wir als Sozialunternehmerinnen und -unternehmer unseren Beitrag dazu leisten können, dass sich Deutschland auch künftig eine gut funktionierende Sozialwirtschaft leisten kann. Das sind wir den Menschen, die Hilfe benötigen, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vielen, vielen mittelständischen Unternehmen der Branche schuldig.“

Michael Reichelt - Vorstandsvorsitzender Unternehmerverband Soziale Dienste und Bildung

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