Unternehmerverband und IHK: Masterplan gefährdet den Wirtschaftsstandort Mülheim

Stadt ignoriert die Dringlichkeit des Handelns

„Die Situation ist paradox“, sagt Hanns-Peter Windfeder. „Mülheim wird seit Jahren als Wirtschaftsstandort in allen Rankings nach hinten durchgereicht. Statt mit dem nun veröffentlichten Masterplan Industrie und Gewerbe eine Perspektive für eine Trendwende zu eröffnen, stützt die Stadtverwaltung mit dem Papier diesen dramatischen Negativtrend, weil die Bedürfnisse von Industrie und Gewerbe hinten angestellt werden.“ Dem Vorsitzenden des Unternehmerverbands Mülheimer Wirtschaft fehlt in dem Masterplan der erkennbare Wille der Verwaltungsspitze, den Wirtschaftsstandort Mülheim breit und aktiv zu entwickeln und durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze die Einnahmesituation der Stadt nachhaltig zu verbessern – ohne weitere Steuererhöhungen. „Jeder Arbeitsplatz, der hier in der Stadt erhalten bleibt oder geschaffen wird, zahlt auf dieses Konto ein.“

Die IHK für Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen kritisiert konkret die Positionierung der Stadtverwaltung im Masterplan in Bezug auf Industrie- und Gewerbeflächen: „Wir können nicht mittragen, dass der Flächenbestand für klassische Gewerbe- und Industrieunternehmen faktisch nahezu zementiert wird“, so Veronika Lühl, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK. „Wenn Mülheim an der Ruhr zukünftig noch wirtschaftliche Entwicklungschancen wahrnehmen will, muss im Rahmen der planerischen Abwägung wirtschaftlichen Belangen ein deutlich höheres Gewicht beigemessen werden. Mit anderen Worten: Die Umwandlung von Freiraum in Wirtschaftsflächen muss im Einzelfall grundsätzlich ermöglicht werden. Dabei muss ein Ausgleich zwischen einem höheren Wirtschaftsflächenanteil und einer ökologisch sinnvollen Stadtentwicklung gesucht werden.“

Dies sieht der Masterplan aber gerade nicht vor, im Gegenteil: Die im Konzept aufgestellte Forderung nach „…vielen Grün- und Wasserflächen“ in bestehenden und zukünftigen Gewerbe- und Industriegebieten verschärft den Flächenengpass weiter. „Das ist ein zusätzlicher Beleg für die ‚Weiter so‘-Haltung der Stadtspitze“, konstatiert Windfeder. „Die auf der Hand liegenden Fakten, die den Abwärtstrend deutlich aufzeigen, werden ignoriert.“

So hat Mülheim am wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Jahre schlicht nicht teilgenommen: Zwar stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von
2008-2017 in Mülheim um 9,7 Prozent, der NRW-Durchschnitt betrug aber plus 14,5 Prozent, der Bundesdurchschnitt sogar plus 17,1 Prozent. Die neuesten Zahlen sind noch deprimierender: Im letzten Jahr nahm die Beschäftigung im Ruhrgebiet um 2,3 Prozent zu, was recht genau dem Landes- und Bundesdurchschnitt entsprach, die Wirtschaft in Mülheim registrierte dagegen gleichzeitig einen Stellenabbau von 0,6 Prozent. Noch drastischer fällt die Betrachtung der Bruttoinlandsproduktentwicklung im Zeitraum 2008 bis 2016 aus: Während die nordrhein-westfälische Wirtschaft um 16,9 Prozent wuchs, schrumpfte das Sozialprodukt in Mülheim um 3,6 Prozent. Städte wie Oberhausen, Bochum und Gelsenkirchen haben Mülheim hier längst überholt.

Veronika Lühl: „Das Flächendefizit hat unmittelbare negative Auswirkungen auf die Arbeitsplatzentwicklung: Der gewerblich-industrielle Sektor ist mit einem Anteil von rund 30 Prozent an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen in Mülheim im Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet und dem Land NRW überdurchschnittlich bedeutend. Und nach einer Studie von Business Metropole Ruhr aus dem Jahr 2017 sind zuletzt rund 70 Prozent aller im Ruhrgebiet neu geschaffenen Arbeitsplätze auf industriell-gewerblichen Flächen entstanden. Mit Blick auf zusätzliche Arbeitsplätze für Mülheim läge es also nahe, sich auf die Neuausweisung eben solcher Flächen zu konzentrieren.“

Im Entwurf des Regionalplans Ruhr ist für Mülheim an der Ruhr ein zusätzlicher Bedarf an Industrie- und Gewerbeflächen von rund 90 Hektar errechnet worden. Im Masterplan werden allerdings lediglich 28 Hektar als kurz- bis mittelfristig zusätzlich erschließbar ausgewiesen. „Die faktische Zementierung des Flächenbestandes durch den Masterplan sowie der hierin deutliche Grundtenor der ‚grünen Wohnstadt‘ wird den Abwärtstrend weiter vorantreiben und beschleunigen“, sind sich beide Institutionen einig. Wie schon in der Vergangenheit, werden auch zukünftig ansiedlungswillige Unternehmen wegen Flächenmangels abgewiesen werden müssen. Die Folge: Weiterer Arbeitsplatzschwund und weiter sinkende Einnahmen. „Nur durch Schaffung neuer Arbeitsplätze – ausgehend von der Ansiedlung neuer Unternehmen – können wir die Einnahmenseite und damit die finanzielle Ausstattung der Kommune nachhaltig positiv beeinflussen. Dazu brauchen wir aber eine andere ‚Denke‘ als sie der Masterplan offenbart“, so Windfeder.
 

Heinz-Jürgen Hacks und Veronika Lühl von der der IHK für Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen im Gespräch mit Kerstin Einert-Pieper und Hanns-Peter Windfeder vom Unternehmerverband Mülheimer Wirtschaft (v.l.). (Foto: Unternehmerverband)

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