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Weiterlesen[unternehmen!]: Das ZBT, Zentrum für Brennstoffzellen Technik in Duisburg, ist eine der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologien und Energiespeicher. Welche großen Chancen liegen in diesen Themen?
Dr. Peter Beckhaus: Die Chancen sind tatsächlich gleichzeitig regional bedeutend und weltpolitisch hochspannend: Wasserstoff kann ökologisch und ökonomisch im Kontext der Energiewende in unserer Region wichtig werden. In Deutschland werden wir die Mengen Wasserstoff, die wir für Industrie und Mobilität verbrauchen wollen, nicht selbst komplett regenerativ erzeugen können. Wir werden ihn also importieren müssen, so wie wir heute Öl und Gas importieren. Hierbei sind wir allerdings nicht vom Erdölvorkommen abhängig, sondern können auch politisch steuern, welche Länder in Afrika etwa oder Südamerika unterstützt werden. Hier werden Gezeitenkraft, Sonne und Wind im Wasserstoff gespeichert, der dann über Pipelines und Schiffen zu uns gelangt.
[u!]: Dem Ruhrgebiet werden größte Chancen als Technologie- und Produktionsstandort in Sachen H2 eingeräumt. Gerade hat sich das ZBT auch federführend für ein „Technologieund Innovationszentrum Wasserstofftechnologie“ auf dem Gelände der Hüttenwerke Krupp Mannesmann in
Duisburg beworben. Wie groß sind im April 2021 die Chancen auf einen Zuschlag für ein solches „TIW“, für das sich Duisburg ja schließlich – neben 14 anderen Bewerbern – stellvertretend für NRW bewirbt?
Dr. Peter Beckhaus: Duisburg ist als Logistikstandort in einzigartiger geografischer Lage prädestiniert, einen Knotenpunkt zu bilden: Wir haben die Wasserstraßen als Verbindung zu den Welthäfen und wir haben die Pipelines ins Ruhrgebiet. Es ist ein ganz entscheidender Vorteil, dass die Infrastruktur, um Wasserstoff nach Duisburg zu bringen, schon da ist. Zum riesigen Entwicklungspotenzial trägt aber viel mehr bei: Wir haben das Stahlwerk im Norden, hier planen ThyssenKrupp und Steag eine große Elektrolyse, genauer gesagt: Herstellung und Verbrauch von Wasserstoff an einem Ort. Wir haben im Süden das HKM-Stahlwerk, das sich durch ein „TIW“ zum Wasserstoff- Campus entwickeln könnte. Wir haben mit dem ZBT sowie der Universität einen starken Hintergrund in Sachen Brennstoffzellentechnik. Und wir haben viele starke und verlässliche Unternehmen, die seit Jahrzehnten Erfahrung als Zuliefererindustrie für den Energie- und Chemiesektor haben: Sie haben sehr gute Technologien auch für Wasserstoff entwickelt und verkaufen sie ja auch schon. Hier findet also schon heute maßgeblich Wertschöpfung statt. Und wenn wir ganz konkret auf HKM als möglichen Wasserstoff-Campus bzw. „TIW“ schauen: Stahlproduktion ist in einem Modernisierungs- und Umbauprozess, das Stahlgeschäft ist schwierig. Aber die Fachkräfte sind schon da und können weiterentwickelt werden, über die große Lehrwerkstatt, sollen zum Beispiel innovative Ausbildungsberufe geboten werden.
[u!]: Duisburg setzt gerade mit allen Kräften und „all in“ auf Wasserstoff. Strukturwandel können wir ja, aber auch Hochtechnologie?
Dr. Peter Beckhaus: Die Stadt hat verstanden, welch riesiges Entwicklungspotenzial Wasserstoff bietet – und dass es für Duisburg mit seinen herausragenden Verbindungen auf dem Wasser und für das Gas der nächste logische Schritt ist. Es gibt unheimliche viele Akteure, die sich in den zurückliegenden Monaten total engagiert bewegt haben: Stadt, Wirtschaftsförderung – Ramus Beck war schon vor seinem Antritt in Duisburg sozusagen schon der Wasserstoff-Lautsprecher der Region –, duisport/ logport/ startport, dann die städtischen Betriebe und nicht zuletzt die Unternehmen. Hier sind beispielsweise zu nennen Andreas Hofer in Mülheim mit ihren Kompressoren, Wasserstofftechnik von Anleg in Wesel oder Hochdruck- Wasserstoffspeicherung von Nproxx in Jülich oder Wystrach in Weeze. Sowohl bei der Stadt als auch bei uns im ZBT stehen gerade alle Türen offen, der Dialog für die gemeinsame Sache läuft.
[u!]: Für die Industrie und den Automotive- Bereich forscht das ZBT zur Energie der Zukunft. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Dr. Peter Beckhaus: Auf verschiedenen Wegen, ich nenne mal drei: Wir entwickeln gemeinschaftlich Komponenten – vom Design über die Herstellung bis zum vollständigen Produkt. Im Brennstoffzellen-Bereich sind wir sozusagen der ausgelagerte Entwicklungs-Dienstleister für die Industrie. Als zweiten Weg betreiben wir für die Industrie auch grundlegende Arbeiten: Wir stellen Probleme fest, die nicht nur für ein Unternehmen eine Herausforderung sind, sondern für die ganze Branche. Auch z. B. mit Fördermitteln finanziert begleiten wir die Industrie dann hin zu ihren Lösungen. Aufgabe des ZBT ist also auch herauszuarbeiten, wie Produkte und Anwendungen von hier sicher und effizient in den Markt kommen. Und der dritte Teil ist das Testen in unseren Anlagen, ob also die Einzel-Komponenten unserer Partner geeignet sind. Ein Beispiel: Wir haben eine Versuchs- Wasserstoff-Tankstelle, in der alle Komponenten austauschbar sind. So können die Unternehmen ihr Produkt im echten Kontext in Betrieb nehmen, erproben und natürlich optimieren. Üblicherweise wird die Umgebung ja simuliert. Im Echt- Betrieb können aber regelungstechnische Fragen leichter beantwortet werden. Auf unseren Testanlagen können wir Aufträge von Unternehmen abwickeln, etwa Produktqualifizierung, Prüfung, Zulassung oder Zertifizierung. Wir kennen die Normen und Regeln, haben also das Know-how, das sonst anderswo eingekauft werden muss.
[u!]: Haben Sie eine Vision, wohin uns Wasserstoff führen kann?
Dr. Peter Beckhaus: Im ZBT bin ich tatsächlich mit dieser Vision angetreten: Wasserstoff statt Kohle im Ruhrgebiet. Und das mit zwei entscheidenden Elementen: Wasserstoff zur Energieversorgung und als Arbeitgebendes Element, also die Wertschöpfung ins Ruhrgebiet holen. Für Deutschland lautet die Vision, dass Wasserstoff der Schlüssel für klimaneutrale Energie und Mobilitätsversorgung ist. Momentan kann nur er als Speicher für die Mengen Energie dienen, die regenerativ erzeugt und transportiert werden müssen. Zugleich ist Wasserstoff der Schlüssel für die Dekarbonisierung des Transportsektors, also Lkw, Schiene, Schiff und auch Flugzeug. Für den privaten Pkw setzt die Automobil-Industrie zurzeit stark auf Batterien, Wasserstoff wird hier nur der übernächste Schritt sein.
[u!]: Und was kommt nach dem Wasserstoff?
Dr. Peter Beckhaus: Das ZBT hat auch andere Energieträger wie Ammoniak im Blick. Großer Vorteil von „NH3“ ist, dass nur Stickstoff und Wasserstoff im Spiel sind, nicht aber „C“, also Kohlenstoff. Das heißt: keine CO2-Emissionen. Ammoniak wird in den nächsten fünf bis sechs Jahren für Transportthemen interessant, wo die Wasserstoff-Brennstoffzelle nicht gut funktioniert oder zu kostenintensiv bleibt. Wir forschen dazu in großen Konsortien bundes- und europaweit auch in enger Kooperation mit dem Lehrstuhl Energietechnik an der Universität Duisburg-Essen, wo wir ja schließlich 2001 auch als gemeinnützige Gesellschaft gegründet wurden.
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