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Betriebsrätemodernisierungsgesetz
Unser Jurist beantwortet zehn Fragen zu diesem Thema
1. Welche grundlegenden Änderungen hat es gegeben?
Am 21. Mai 2021 hat der Deutsche Bundestag das „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ beschlossen. Inhaltlich wurden insbesondere Änderungen bei der Wahl des Betriebsrats (Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr), bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit, bei der Hinzuziehung von Sachverständigen, bei der Durchführung von virtuellen Betriebsratssitzungen sowie bei der Beschlussfassung in Einigungsstellenverfahren vorgenommen. Nachfolgend sollen hierzu einzelne Detailfragen beantwortet werden.
2. Welche Voraussetzungen müssen für eine virtuelle Betriebsratssitzung vorliegen?
In § 30 BetrVG wird zunächst klargestellt, dass Betriebsratssitzungen grundsätzlich weiter als Präsenzsitzungen stattfinden. In den angeführten Abs. 2 und 3 werden sodann Voraussetzungen für eine Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video -und Telefonkonferenz festgeschrieben. Dies soll möglich sein, wenn die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung des Betriebsrats festgelegt sind, nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer zuvor bestimmenden Frist widersprechen und sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Wenn sowohl die Möglichkeit der Teilnahme mittels Video- und Telefonkonferenz als auch der Teilnahme vor Ort besteht, so gilt auch die Teilnahme vor Ort als erforderlich. Durch das neue Gesetz wird somit dauerhaft geregelt, dass Betriebsratssitzungen virtuell durchgeführt werden können.
3. Kann der Arbeitgeber die virtuelle Durchführung der Betriebsratssitzung verlangen?
Ob und inwieweit die Möglichkeit der Video- oder Telefonkonferenz genutzt wird, steht in der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Betriebsrats. Der Arbeitgeber ist nach der Gesetzesbegründung in keinem Fall berechtigt, die Durchführung mittels Video- oder Telefonkonferenz zu verlangen.
4. Was gilt für die weiteren im Betrieb vorhandenen Stellen?
Das Recht zur Teilnahme innerbetrieblicher Stellen – z. B. Schwerbehindertenvertretung, Jugend- und Auszubildendenvertretung – und auch außerbetrieblicher Teilnehmer, z. B. Gewerkschaften nach § 31 BetrVG bleibt unberührt und ist auch in Video- und Telefonkonferenzen sicherzustellen.
5. Wann gilt ein Betriebsrat sodann als beschlussfähig?
In § 33 BetrVG ist vorgesehen, dass Betriebsratsbeschlüsse mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst werden. Darüber hinaus wurde nun in § 33 BetrVG aufgenommen, dass auch Betriebsratsmitglieder, die mittels Video- und Telefonkonferenz an der Beschlussfassung teilnehmen, als anwesend gelten.
6. Was ist bei der Sitzungsniederschrift zu berücksichtigen?
In § 34 BetrVG wird bezüglich der Sitzungsniederschrift geregelt, dass Betriebsratsmitglieder, die virtuell an der Sitzung teilgenommen haben, ihre Teilnahme gegenüber dem Vorsitzenden in Textform zu bestätigen haben. Diese Bestätigung ist dann der Sitzungsniederschrift beizufügen.
7. Gilt weiterhin das Schriftformerfordernis im Rahmen der Einigungsstelle?
Bisher war in § 76 Abs. 3 S. 4 BetrVG vorgesehen, dass Beschlüsse der Einigungsstelle schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten sind. Durch eine entsprechende Ergänzung des Gesetzes soll die Schriftform durch die elektronische Form des §§ 126a BGB ersetzt werden. § 76 III S. 4 BetrVG lautet nunmehr wie folgt: Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Da die Sitzungen der Einigungsstelle selbst – einschließlich etwaiger Beschlussfassungen mittels Spruchs – der analogen Welt vorbehalten bleiben, dürften die praktischen Auswirkungen dieser Regelung gering bleiben.
8. Wie können zukünftig Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden?
Betriebsvereinbarungen sind gemäß § 77 Abs. 2 BetrVG von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Auch hier soll nunmehr die Schriftform durch die elektronische Form nach § 126 Abs. 1 BGB ersetzt werden können. Hierbei muss sichergestellt werden, dass Betriebsrat und Arbeitgeber abweichend von § 126 Abs. 2 BGB dasselbe Dokument elektronisch signieren.
9. Was gilt bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen bei KI-Fragen?
Die Hinzuziehung eines Sachverständigen für künstliche Intelligenz, kurz: KI, gilt immer dann als erforderlich, wenn der Betriebsrat die Einführung oder Anwendung von künstlicher Intelligenz zu beurteilen hat, § 80 Abs. 3 BetrVG. Eine Erforderlichkeitsprüfung entfällt insoweit. In § 90 Nr. 3 BetrVG wird zudem aufgenommen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über den Einsatz künstlicher Intelligenz unterrichten hat.
10. Was gilt bzgl. gestaltet der Mitbestimmung bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit?
In § 87 Abs. 1 BetrVG wird durch eine neue Nr. 14 geregelt, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats auch die Ausgestaltung von mobiler Arbeit umfasst, die mittels Information- und Kommunikationstechnik erbracht wird. Hiermit wurde ein gänzlich neuer Mitbestimmungstatbestand geschaffen, der bei Einführung mobiler Arbeit zu beachten ist.
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Jennifer Middelkamp
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