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WeiterlesenHolz, Metall, Elektronik, Montage, Fahrräder, Mode, Einzelhandel, Gastronomie: So vielseitig die Geschäftsfelder der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung gemeinnützige GmbH, kurz: wfbm, so bunt die Mitarbeiterschaft: 1.300 Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten an den sieben Standorten in Duisburg miteinander. „Unser Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderung jeden Tag mit Spaß und Freude zur Arbeit kommen – sei es in unseren Werkstätten oder auf inklusiven Arbeitsplätzen in Firmen“, betont der Geschäftsführer Alexander Schmanke. Über berufliche Teilhabe – ob man es Integration oder Inklusion nennt – wird viel gesprochen, bei der wfbm jedenfalls ist sie prall mit Leben gefüllt.
Die Freude, eine sinnvolle und zugleich vertraute Tätigkeit zu verrichten, steht den Menschen mit Behinderung ins Gesicht geschrieben. „Hallo, ich bin Robin. Ich zeige jetzt mal, was wir bauen“ – so lautete die herzliche Begrüßung eines Mitarbeiters, der beim Firmenrundgang die Schreinerei zeigt. Auf den CNC-gesteuerten Maschinen entstehen Designer-Hocker aus recyceltem Sperrmüll, Weinkisten, stapelbare Bänke für Kitas oder Möbel für Messestände. „Durch die Kooperation mit dem Messebauer sind unsere Mitarbeiter gelegentlich auch zur Montage auf der Messe unterwegs“, so Jutta Lütke Vestert, die bei der wfbm die Kommunikation leitet. Solch erste zarte Berührungspunkte mit dem Berufsalltag seien wünschenswert, „unser wfbm-Alltag hat aber auch viele andere Schwerpunkte“, berichtet Schmanke. „Wir haben natürlich das Ziel, Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren – das ist aber längst nicht für jeden unserer Mitarbeiter hier sinnvoll.“ So sei für die meisten Beschäftigten – unter ihnen sind nicht nur geistig sowie psychisch erkrankte Menschen, sondern auch Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderungen – diese geschützte Arbeitsatmosphäre das Beste. „Viele würden mit stressigen Situationen im Berufsleben nicht klarkommen“, weiß Schmanke.
Nicht überfordernd, aber doch geschäftig geht es in der Produktion am Kalkweg zu – auch hier nehmen einen die Mitarbeiter regelrecht an die Hand, um mit viel Eifer ihre Arbeitsplätze zu zeigen. An Gruppentischen fertigen die Mitarbeiter zurzeit Teleskop-Dübel in großen Stückzahlen; mit ihnen wird beim Hausbau die Außenisolierung fixiert. Stefan etwa zeigt stolz zwei Vorrichtungen, mit der er Komponenten zusammenfügt oder die Packungseinheit „100 Stück“ abzählt. „Unsere Mitarbeiter wechseln sich an den Stationen ab; diese reichen von der Konfektionierung über das Verschweißen und Etikettieren bis hin zum Kontrollieren und dem versandfertigen Verpacken“, berichtet Lütke Vestert.
Handarbeit ist auch das Stichwort für die weiteren Referenzen der wfbm; zum Beispiel bereiten die Mitarbeiter Gaszähler auf, das heißt mechanisch kontrollieren, Display abkleben und lackieren. Oder sie bestücken Verkaufsdisplays mit Tiernahrungsprodukten, verkabeln Schaltelemente miteinander oder sägen, fräsen, bohren und polieren Unterlegplatten für Serienprodukte. Genau solche nicht-maschinellen Arbeiten versucht Schmanke, der seit Juli dieses Jahres Geschäftsführer der gGmbH ist, an den Kunden zu bringen. Aus seiner früheren Tätigkeit – zuvor war der 50-Jährige, der von Haus aus Diplom-Sozialpädagoge ist und einen Master im Social Management hat, 24 Jahre lang linksrheinisch in vergleichbarer Position tätig – nennt er als guten Geschäftsbereich auch die Bearbeitung von Rückläufern. „Non-Food-Produkte von Discountern, die in hiesigen Filialen eingesammelt werden, müssen geprüft, neu verpackt und etikettiert werden, um z. B. in anderen Ländern erneut in den Verkauf zu kommen.“ Gleiches gelte für Textilien, die bei Online-Versandhäusern zurückkommen. „Es wäre besonders nachhaltig, wenn die nicht weggeschmissen würden, sondern in den Verkauf zurückgehen. Weil das gleichzeitig eine machbare Beschäftigung für einen Menschen mit Behinderung ist, ist das doppelt sinnvoll“, findet Schmanke.
Tätig sind die Menschen mit Behinderungen aber nicht nur in der Produktion, sondern auch dienstleistend. Für Altenheime wird Wäsche von Bewohnern oder die Dienstkleidung mit Namensschildern „gepatcht“. Oder im Duisburger Zoo sind fünf Mitarbeiter der wfbm für das Säubern von Wegen und das Leeren der Mülleimer zuständig. Diese Gruppe wird von einem Betreuer ständig begleitet, „inklusive Arbeitsplätze“ nennt man das. Schmanke: „Es ist immer unser Ziel, unsere Mitarbeiter durch Praktika oder solche Gruppeneinsätze an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Das kann nicht bei jedem unserer Mitarbeiter klappen, denn neben dem ‚Wollen‘ ist auch das ‚Können‘ entscheidend.“
Hier liegt laut Alexander Schmanke der Knackpunkt in der allgemeinen Diskussion über Integration bzw. Inklusion in der Gesellschaft. Denn er müsse sich auch schon mal verteidigen, dass die Werkstatt „normale Arbeitsplätze“ verdränge oder wegen der Förderungen Dumping-Preise anbiete. „Beides stimmt nicht. Wir haben einen sozialen Auftrag, denn in der freien Wirtschaft finden diese Menschen keinen Job. Und wir stehen wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen auch im Wettbewerb. Im Angebot müssen Preis, Qualität und Lieferzeit stimmen.“ Im Gegenteil habe er es bei so manch einem Kunden schwer, weil er Hemmschwellen überwinden und überzeugen müsse, dass Menschen mit Behinderung gute Arbeit leisten. „Wir können aber auch nicht jeden Auftrag annehmen, nur weil ein Auftraggeber etwas Gutes tun will. Für eine geringe Stückzahl bauen wir nicht die Produktion um; fünfstellige Stückzahlen müssen es sein“, erläutert der Geschäftsführer.
Zusätzliche Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung sind auch in anderen Bereichen denkbar: In Altenheimen könnten beispielsweise Menschen mit Behinderung die Altenpfleger entlasten, etwa indem sie sich um die Wäsche kümmern, Essen anreichen oder Gespräche führen. Die wfbm wird ihre beruflichen Qualifizierungsangebote weiter ausbauen, um in ganz unterschiedlichen Bereichen auf den Arbeitsalltag und den Beruf vorzubereiten. Dabei werden Grundregeln des Arbeitslebens vermittelt, aber auch Notwendiges wie Arbeitsschutz und -kleidung oder Hygienestandards in einem Gastronomiebetrieb. „Alle unsere Mitarbeiter sollen zudem ihre Stärken und Neigungen herausarbeiten“, erzählt Jutta Lütke Vestert.
Während der Großteil der Mitarbeiter an den vier Werkstatt-Standorten arbeitet, gibt es einige Projekte, die besondere Aushängeschilder sind. Unter dem eigenen Modelabel „esthétique“ wird Kleidung entworfen, genäht, vermarktet vertrieben und verkauft. „25 Geschäfte von Berlin bis München führen unser Label; in unserem Lookbook modeln unsere Mitarbeiter selbst“, berichtet Lütke Vestert. Verkauft wird die Mode auch im AV concept store am Kuhlenwall, in dem auch andere selbstproduzierte Waren wie Wohnaccessoires aus der hauseigenen Töpferei angeboten werden. Angegliedert ist hier auch eine öffentliche Gastronomie, die den Sparkassenmitarbeitern als Kantine dient. Als „Prestigeprojekte“ zählt Schmanke zudem die Fahrradwerkstatt am Kalkweg 24 und das Restaurant „Ziegenpeter“ im Rheinpark auf wie auch die „kochwerkstatt“ an der Albert-Hahn-Straße im Duisburger Süden. Hier ist geglückt, was Alexander Schmanke sich gesamtgesellschaftlich wünscht: „Die Systeme müssen durchlässiger werden, damit noch mehr Menschen mit Behinderung die Möglichkeit haben ihre Arbeitskraft auf dem ersten Arbeitsmarkt einzubringen.“
Jennifer Middelkamp
Infos
Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung gemeinnützige GmbH
Kalkweg 10e
47055 Duisburg
0203 348597-0
www.wfbm-duisburg.de
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