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WeiterlesenDer Zweite Weltkrieg, Wirtschaftskrisen, die Corona-Pandemie – wer ein Traditionsunternehmen leitet, muss Tiefpunkte meistern, darf nicht den Mut verlieren, muss nach vorne blicken und sich immer wieder auf veränderte Gegebenheiten einstellen. Der Familie Zerres, Immobilienspezialisten aus Mülheim an der Ruhr, ist dies gelungen. Jens Hendrik Zerres führt das Unternehmen in dritter Generation und darf in diesem Jahr das 100-jährige Jubiläum seines Unternehmens „Zerres u. Sohn“ feiern. Unternehmen 2008 übernommen „Die erste Generation schafft das Vermögen, die zweite verwaltet es, und die dritte studiert Kunstgeschichte“ – das bekannte Bonmot von Otto Fürst von Bismarck deutet darauf hin, dass die Enkel von Firmengründern ein schlechtes Image haben und im Ruf stehen, geerbte unternehmerische Substanz unbekümmert zu verjubeln, statt zu vergrößern. „Das trifft auf mich zum Glück nicht zu“, schmunzelt Jens Hendrik Zerres. Im Gegenteil, seit er das Unternehmen leitet, ging ein „Digitalisierungs-Ruck“ durch die Traditionsfirma. „Mein Vater hatte noch nicht einmal einen PC“, erinnert sich der 45-jährige Diplom- Kaufmann, der Betriebswirtschaftslehre studiert hat und während seiner ersten Berufsjahre gar nicht sicher war, ob er das Unternehmen vom Vater übernehmen wird. „Ich habe nach dem Studium international im Bereich des gewerblichen Immobilien- und Portfoliomanagements gearbeitet“, erinnert sich Zerres. 2008 zog es ihn dann doch zurück nach Mülheim, wo er mit seiner Frau und drei Kindern lebt. „Ich bin froh, diesen Schritt gegangen zu sein“, so Zerres.
Drei Vertriebswege
Mit Immobilien ist er groß geworden und steckt viel Herzblut in sein Geschäft, das auf drei Säulen basiert: „Wir bieten drei Vertriebswege an, von denen wir jeweils den passenden empfehlen“, so Zerres. Zunächst einmal sei das der klassische On-Market-Vertriebsweg. Dabei werden Immobilien mit allen zur Verfügung stehenden Medien am Markt platziert. Inbegriffen sind unter anderem Online- und Print-Inserate, Vermarktungsschilder und Mailings. „Neben diesem sehr klassischen Weg haben wir aber auch den diskreten Off-Market-Vertrieb“, so der Chef. „Unsere dafür über Jahrzehnte entwickelte Kundenkartei erstreckt sich vom privaten bis zum institutionellen Investor mit Volumina zwischen 500.000 und 50 Millionen Euro“, nennt Zerres beeindruckende Zahlen. Diskret könne so Investoren ein auf sie zugeschnittenes Objekt angeboten werden, ohne dass dies am Markt überhaupt auftauche. Der Vorteil für den Auftraggeber sei, dass er als Verkäufer nicht wahrgenommen werde. Der dritte Vertriebsweg und gleichzeitig einer, der Zerres und Sohn von der Konkurrenz abhebe, sind öffentliche und freiwillige Auktionen, nicht zu verwechseln mit der Zwangsversteigerung. „Mehrmals im Jahr führen wir Immobilienauktionen in der Philharmonie Essen durch. Hierfür haben wir eigens zusammen mit erfahrenen Kollegen die ‚Auktionshaus Grundstücksbörse Rhein-Ruhr AG‘ gegründet“, berichtet Zerres, der auch selbst Auktionator ist. Zu den Auktionen können bis zu 400 Personen live vor Ort teilnehmen – man kann aber auch per Telefon oder Bietungsauftrag mitmachen.
Keine wirtschaftliche Delle durch Pandemie
Auch in diesem Jahr sind wieder Auktionen geplant – vermutlich vor vollem Haus. Die Corona-Einschränkungen ließen zuletzt nur wenige Teilnehmer zu. Eine Einschränkung, die Zerres durch die Pandemie erfahren hat. Ansonsten sei man gut durch die herausfordernde Zeit gekommen: „Die Maklerbranche blieb von einer wirtschaftlichen Delle verschont.“ Zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 sei die Branche schon sehr verunsichert gewesen, erinnert sich der Immobilienexperte. „Aber das Kapital blieb am Markt, die Zinsen waren weiterhin niedrig und die erwartete Insolvenzwelle blieb aus“, so Zerres. Im Bereich der Hallenvermietungen habe man keinen Einbruch gespürt, auf Ladenlokale habe sich die Situation natürlich ausgewirkt. Aber: „Wir haben in der Mülheimer Innenstadt auch Ladenlokale nachvermietet.“ Besichtigungen fanden virtuell statt, was für die Kunden kein Problem darstellte. „Bei Bedarf habe ich in jede Ecke hineingefilmt“, erinnert sich Zerres schmunzelnd. Das Land Nordrhein-Westfalen ist das Kerngebiet von Zerres u. Sohn für den Verkauf und die Vermietung von Gewerbe- und Kapitalanlageimmobilien, was gleichzeitig den Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt. In Mülheim an der Ruhr und Umgebung vermittelt Zerres u. Sohn auch Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen.
Angefangen hat alles im Jahr 1922: Johann Zerres gründete die Firma Mülheimer Häuser- und Grundstücksverwertung. Die Tätigkeit als Makler war der Schritt in die Selbständigkeit, nachdem er jahrelang die Immobilienabteilung der weltweit tätigen Firma Thyssen geleitet hat. „Bis zum Jahr 1939 entwickelte sich das Geschäft sehr gut. Kriegs- und politische Wirren verursachten aber deutliche geschäftliche Probleme, zumal mein Großvater keiner Organisation der damaligen Partei beitrat“, blickt Zerres auf die Firmengeschichte. Nach 1945 galt es, alle Kräfte für den Wiederaufbau einzusetzen. Johann Zerres wurde in dieser Zeit zum vereidigten Sachverständigenden des hiesigen IHK-Bezirks bestellt. 1966 trat sein Sohn Hans Dieter Zerres in die Firma ein. Er legte den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Gewerbeimmobilien und Kapitalanlagen und gehörte lange Zeit dem Vorstand der Grundstücksbörse Ruhr e.V. sowie dem Gutachterausschuss der Stadt Mülheim an. Im Jahr 2008 übernahm Jens Hendrik Zerres die Leitung des Unternehmens und stellte die Firma für das kommende Jahrhundert digital auf.
Hoher Anteil an Stammkunden
Der Blick in die Zukunft fällt positivaus. „Den zukünftigen Herausforderungen begegnen wir mit hoher Motivation und Flexibilität“ so Zerres. „Wir stellen immer wieder dankbar fest, dass wir einen hohen Anteil an Stammkunden haben, für die wir teilweise auch schon generationenübergreifend arbeiten.“ Allerdings gibt es auch mahnende Worte. Es gebe nach wie vor zu wenige Grundstücke. „Für Neubauten müssen Altbauten abgerissen werden.“ Weitere Preistreiber seien die gestiegenen Baukosten, ausgelöst durch die Pandemie und die Ukraine-Krise. Hinzu kämen steigende Zinsen, eine Inflation von sieben Prozent auf Bundesebene und der Wechsel der Bundesregierung. „Wir waren überrascht, wie schnell Förderprogramme gestrichen wurden“, kritisiert Zerres. Mangelnde Planungssicherheit führe zu Unsicherheit bei den Investoren. Eine weitere Herausforderung: „Die Zinsen sind in den letzten Wochen stetig gestiegen. Aus diesem Grund erleben wir gerade einen Seitwärtstrend in der Preisentwicklung. Sofern sich Kaufobjekte nicht in Toplagen befinden, müssen die Verkäufer mit Abschlägen rechnen, auch bedingt durch eine restriktive Betrachtung der Banken bei der Finanzierung. Eines muss allerdings auch betont werden: die Zinsen entwickeln sich gerade auf ein normales Niveau, sofern sie sich bei 3 bis 4 Prozent einpendeln. Die Niedrigzinsphase war nicht normal, so dass sich alle wieder auf ein Zinsniveau einstellen müssen, das vor der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank Standard war“, so Zerres. All das seien Entwicklungen, die es zu meistern gelte. „Aber mein Großvater und Vater haben auch ganz andere Herausforderungen bewältigt“, blickt Jens Hendrik Zerres noch einmal stolz auf die Firmengeschichte. Gefeiert wird das besondere Jubiläum Ende September mit einem großen Fest.
Geraldine Klan
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