Kalender
Unternehmertage und -treffen, Seminare, Arbeitskreise, Business Breaks oder Netzwerkveranstaltungen – die nächsten Termine des Unternehmerverbandes sind hier aufgelistet.
Weiterlesen[u!]: Ihre Marke Winergy hat die Wind-Energie ja schon im Namen, Flender stellt u. a. Antriebssysteme für Windkraftanlagen her. Da kann man getrost sagen: Nachhaltigkeit ist die DNA Ihres Unternehmens, oder?
Andreas Evertz: Wir sind der Partner für eine nachhaltige Zukunft. Das heißt, wir arbeiten eng mit unseren Kunden, Lieferanten und allen Stakeholdern daran, die industrielle Produktion immer energieeffizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Gleichzeitig wollen wir für unsere Kunden natürlich optimale Wertschöpfung gewährleisten. Nachhaltigkeit ist also ein sehr wichtiges Thema für uns, aber nicht nur im Wind-Bereich.
[u!]: Welche Flender-Produkte sorgen dafür, dass die Energiewende gelingt?
Andreas Evertz: Tatsächlich tragen wir mit einem breiten Spektrum an Lösungen zur Förderung der Energiewende bei. Dazu gehören unsere Antriebe für Windkraftanlagen. Unser Unternehmen ist mit ca. 60 Prozent des Umsatzes stark im Bereich der Windkraftgetriebe tätig. Unsere installierte Leistung von 350 Gigawatt in der Windindustrie ist eine beeindruckende Zahl. Sie reicht aus, um 268 Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen oder 135 Millionen Elektroautos ein Jahr lang um die Welt fahren zu lassen. Aktuell finden Sie in fast jedem dritten Windrad auf der Welt eine Antriebskomponente von Flender. Aber ich betone immer wieder, dass die Energiewende ohne industrielle Produktion nicht gelingen kann. Bleiben wir bei der Windenergie. Für ein Windrad werden viele Industrieprodukte wie Zement, Stahl oder Verbundstoffe benötigt. Auch in diesen Branchen sorgen wir mit unseren Antriebslösungen dafür, dass unsere Kunden ihre Produktion immer energieeffizienter gestalten können. Eine große Rolle spielen dabei digitale Intelligenz und Sensorik. Unsere Sensortechnologie AIQ macht Getriebe smart, indem sie Getriebedaten während des Betriebs aufnimmt und analysiert. Mit diesen Daten können unsere Kunden ihre Produktionsprozesse optimieren. Uns helfen die Daten dabei, Getriebe noch genauer auf die Anforderungen beim Kunden anzupassen. In vielen Fällen können so Rohstoffe wie Stahl und Öl gespart werden.
[u!]: Neben den Produkten zählt Nachhaltigkeit auch in den Prozessen, z. B. beim CO2-Fußabdruck Ihres Unternehmens. Was sind Ihre Ziele und wie erreichen Sie diese?
Andreas Evertz: Unser Ziel ist es im Jahr 2030 in unseren eigenen Betrieben und Anlagen komplett CO2 neutral zu agieren. Dafür haben wir ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Diese berücksichtigen z.B. den Bezug von grüner Energie, die Nutzung von Energiespeichern und Energieeffizienzsteigerungen in unserer Produktion. Mit diesen Maßnahmen konnten wir unsere Emissionen schon jetzt um 79 Prozent senken. Entscheidend ist, das Thema Nachhaltigkeit und CSR fest in der Unternehmensstrategie zu verankern. Das führt zu klaren Verantwortlichkeiten und wir merken wie unsere Mitarbeitenden sich mit den Zielen identifizieren und mit großem Engagement daran mitarbeiten.
[u!]: Flenders Engagement in Sachen Nachhaltigkeit wird honoriert. Das EcoVadis-Nachhaltigkeitsrating zählt Sie zu den besten fünf Prozent der nachhaltigsten Unternehmen weltweit. Gerade erst sind Sie mit dem deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 ausgezeichnet worden. Wie stolz sind Sie darauf?
Andreas Evertz: Solche Auszeichnungen freuen uns natürlich, weil sie die Bestätigung sind, dass wir auf einem guten Weg sind. Denn wichtig sind nicht die Auszeichnungen, sondern dass wir unsere Ziele erreichen. Als Industrie müssen wir vorweg gehen, um die globalen Klimaziele zu erreichen.
[u!]: Die nachhaltige Firmenphilosophie spiegelt sich auch in weiteren CSR-Projekten wider…
Andreas Evertz: Da kommt das angesprochene Engagement unserer Mitarbeitenden zum Tragen. Ob Fußball-Wohltätigkeitsturnier in Bocholt, „Green Oasis“ Baumspenden in Serbien oder Stipendien-Programme in Indien. Da passiert sehr viel, worauf ich sehr stolz bin.
[u!]: Auf Themen wie Klimaschutz, Umweltbewusstsein und Energiewende setzt die so genannte Generation Z – die zugleich Ihre potenziellen neuen Nachwuchskräfte sind. Wie präsent sind diese Themen in Bewerbungsprozessen?
Andreas Evertz: Wir merken das in Bewerbungsgesprächen und bei unseren Auszubildenden und Studenten. Ihnen sind diese Themen wichtig und das ist gut so. Ich glaube, dass wir daher auch ein interessanter Arbeitgeber für viele junge Leute sind. Es gibt wenige Unternehmen, die so sehr im Zentrum der Energiewende und der industriellen Transformation agieren wie wir. Das zeigen auch die Besuche von hochrangigen Politikerinnen und Politikern wie Robert Habeck, Annalena Baerbock und Hendrik Wüst in diesem Jahr.
[u!]: Apropos Nachwuchs: Flender ist an seinem Stammsitz in Bocholt Hauptsponsor des neuen Studiengangs „Sustainable Engineering and Management“ an der Westfälischen Hochschule. Warum brauchen Sie diese Absolventen?
Andreas Evertz: Es ist nicht der einzige neue Studiengang, auf den wir setzen. Im September sind auch die ersten „Data Science“-Studierenden bei uns gestartet. Beide Themen sind für uns essenziell. Wir setzen heute schon in der Produktentwicklung in vielen anderen Bereich auf KI und maschinelles Lernen. Dafür brauchen wir Expertinnen und Experten. Und wenn man, wie wir, Nachhaltigkeit als wichtigen Teil seiner Unternehmensstrategie lebt, dann braucht man auch hier gute Leute, die das Thema ganzheitlich verstehen und angehen.
[u!]: Was man gemeinsam an frischen Ideen entwickeln kann, zeigt eine nachhaltige Verpackung, die Flender mit einem Lieferanten an den Start gebracht hat: ein umweltfreundliches Mehrweg-Verpackungssystem für Großlager. Nachhaltigkeit ist also auch ein starker Innovationstreiber. Was haben wir von Flender da in den nächsten Jahren zu erwarten?
Andreas Evertz: Bei unseren Innovationen achten wir darauf, dass unsere Produkte möglichst ressourcenschonend, effizient und zuverlässig sind. Unser neu entwickelter Hybrid-Drive kommt z.B. mit ca. 90 Prozent weniger Kupfer und Seltenen Erden aus als andere Antriebsarten. Das ist ein entscheidender Aspekt für den zukünftigen Ausbau der Windenergie. Denn diese für die Energiewende benötigten Rohstoffe sind nur begrenzt verfügbar. Gleiches gilt für unsere neue Standard-Getriebereihe FLENDER ONE im Industriegeschäft. Wir haben das einstufige FLENDER ONE im April auf der Hannover Messe sehr erfolgreich vorgestellt. Im nächsten Jahr folgen die mehrstufigen Modelle. Wir werden zukünftig Getriebe maßgeschneidert auf die jeweilige Anwendung und die damit verknüpften Anforderungen konfigurieren können. Für unsere Kunden bedeutet das maximale Individualität und trotzdem schnelle Lieferzeiten und geringe Kosten. Möglich macht das ein echter Meilenstein in der Getriebefertigung: die vollständige Digitalisierung des Engineering-Prozesses. Er stößt die Konstruktion exakt nach Kundenanforderung an und übersetzt sie in einen voll-automatisierten Fertigungs- und Lieferprozess.
[u!]: Sie haben in den vergangenen zwei Jahren Ihre Windenergie-Produktionskapazitäten in Westaustralien, China und Indien erweitert. Müssen wir uns Sorgen machen, dass Investitionen in Windkraft nur im Ausland erfolgen?
Andreas Evertz: Nein, denn das tun sie nicht. Wir haben zuletzt massiv in unseren Standort in Voerde investiert und ihn ebenfalls durch Hallenneubauten erweitert. Gleiches passiert gerade an unserem Standort in Penig bei Chemnitz. Flender ist und bleibt stark in Deutschland verwurzelt. Als internationales Unternehmen sind wir besonders erfolgreich, da wir durch unsere globale Aufstellung nah am Kunden agieren.
[u!]: In Voerde haben Sie den Standort mit neuen Logistik- und Lagerflächen für Großkomponenten erweitert. Hier schließt sich der Nachhaltigkeits-Kreis, denn dadurch reduzieren Sie mit optimierten Transportwegen CO2-Emissionen.
Andreas Evertz: Wir sind in Voerde an unsere Kapazitätsgrenzen gelangt. Windräder und damit auch die Getriebe und Antriebssysteme wachsen kontinuierlich an Größe und Gewicht und der Bedarf wird in den kommenden Jahren massiv steigen. Mit den neuen Lagerflächen gestalten wir unsere Logistikprozesse nachhaltig und reduzieren so einen erheblichen Teil der bisherigen Transportwege und die damit verbundenen CO2-Emissionen. Zuvor dezentral gelagerte Komponenten können nun zentral gelagert und mit optimierten Transportwegen schneller für die Montage bereitgestellt werden. Die Energie für die Großteilewaschmaschine kommt über Fernwärme. Die Getriebeteile können durch die kurzen Materialwege von der LKW-Entladung bis in die Großgetriebemontage überdacht über eine separate Schleuse transportiert werden. Dadurch kühlt die Halle nicht aus und wir sparen wertvolle Energie. Zudem werden wir das gesamte Dach der neuen Halle noch mit Photovoltaikmodulen ausstatten. Da die Wind-Komponenten bald Größen annehmen, die wir nicht mehr auf der Straße transportieren können, sind wir auch auf der Suche nach einem zusätzlichen Fertigungsstandort am Wasser hier in Europa.
Das Interview führte Jennifer Middelkamp. Es erschien in der [unternehmen!]-Ausgabe 2/2023 im November 2023.
Wir nutzen Cookies auf dieser Webseite. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website für Sie optimal zu gestalten und weiter zu verbessern.