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Unternehmertage und -treffen, Seminare, Arbeitskreise, Business Breaks oder Netzwerkveranstaltungen – die nächsten Termine des Unternehmerverbandes sind hier aufgelistet.
WeiterlesenMarie und Moritz haben in ihrem Gruppenraum die digitalen Medien entdeckt und malen am Tablet. Laura liebt es, mit Kita-Hund Romeo zu kuscheln. Und Ali ist richtig gut im Ausschneiden und zeigt seinen Freunden, wie es geht. Ganz normale Situationen in einer Kindertagesstätte – aber nur auf den ersten Blick. Die sechs Einrichtungen der Lebenshilfe Duisburg sind besonders, ebenso wie einige ihrer Besucherinnen und Besucher: Die Kitas sind inklusiv, hier werden Kinder mit und ohne Behinderung betreut.
Betriebskita-Plätze besonders flexibel
Auch auf den zweiten Blick gibt es eine Besonderheit: Marie startete mitten im Kindergartenjahr in die Kindertagesstätte „Wunderland“ in Wanheimerort – möglich machte das ein frei gehaltener Betriebskita-Platz. „Der Chef ihrer Mutter hat mehrere Kita-Plätze mit uns vereinbart, sodass die Mitarbeiter-Kinder flexibel starten können“, berichtet Ines Bluhmki, kommissarische Geschäftsfeldleitung Kindertagesstätten bei der Lebenshilfe Duisburg. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Unternehmen kann neue Beschäftigte von sich überzeugen, weil Job und Familie so in der Nähe des Firmensitzes gut miteinander vereinbar sind. „In diesem Fall ist die Nähe besonders wichtig, weil die Eltern im Schichtdienst arbeiten und Marie tageweise sehr früh zur KITA gebracht.“ Auch das ist laut Bluhmki kein Problem, weil das Wunderland überlange Öffnungszeiten z. B. ab 6:30 oder bis 19 Uhr anbietet. Zudem können Familienurlaube frei geplant werden, weil es keine Schließungszeiten z. B. in den Ferien oder an Brückentagen gibt. Wann immer es notwendig sei, könne Marie also ganzjährig zur Kita kommen.
„Mit flexiblen Betreuungskonzepten können Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels richtig punkten. Ein freier Kita-Platz ist ein Wahnsinns-Obolus z. B. für Beschäftigte, die für den neuen Job hierherziehen, oder für solche, die nach der Elternzeit mit möglichst vielen Stunden wiedereinsteigen wollen“, so Bluhmki, die von Haus aus Heilerziehungspflegerin und Motopädin ist und 2018 bei der Lebenshilfe als stellvertretende Einrichtungsleiterin begonnen hat.
Therapiestunden in die Kita verlegen
Und eine dritte Besonderheit macht die Job-Familie-Balance perfekt: In den sechs Kitas können während der Kita-Zeit, also in gewohnter Umgebung, Förderung und Therapien stattfinden, für die die Eltern sonst nachmittags oder abends extra Zeit und Wege in Kauf nehmen müssen. Bluhmki: „Wir arbeiten vor Ort mit den Kindern – solche mit Handicap, die Therapien unserer Frühförderstelle oder des Autismus-Zentrums bekommen, aber auch Kinder, die Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie verordnet bekommen haben.“ Dass das ein großes Alleinstellungsmerkmal der Lebenshilfe ist, betont deren Geschäftsführer Michael Reichelt: „Mit unserem umfangreichen Netzwerk, dem Service rund um Familien und dem großen Vorteil, dass alles aus einer Hand kommt, darf man das Wort ‚Lebenshilfe‘ bei uns wörtlich nehmen. Aus vielen Gesprächen mit Eltern weiß ich, wie wahnsinnig groß die Entlastung ist, wenn Familien nach Feierabend keine Therapie-Termindichte, sondern gemeinsam freie Zeit miteinander haben.“
Inklusiv wird in allen sechs Lebenshilfe-Kitas, die übrigens nach DIN ISO 9001 ff zertifiziert sind, gearbeitet: Wunderland in Wanheimerort, Waldwichtel in Buchholz, Rheinpiraten in Rheinhausen, Atlantis in Marxloh, Tausendfüssler in Meiderich und Wirbelwind in Laar. Eine siebte kommt bald hinzu – und zwar in Kamp-Lintfort. Reichelt berichtet: „Wir bauen dort gerade ein Schulgebäude um und richten dort fünf Gruppen ein. In der Nachbarstadt, die derzeit von Zuzug profitiert, gibt es noch keine inklusive Kita. Wir nutzen all unsere Erfahrung aus den Duisburger Kitas, um auch hier ein richtig gutes Angebot zu etablieren, das die Belange von Kindern mit besonderem Bedarf ebenso im Blick hat wie die von berufstätigen Eltern.“
Tierische Mitbewohner Romeo und Fine
Zwei Einrichtungen haben eine Besonderheit on top: Sie arbeiten tiergestützt mit Hunden. Romeo und Fine sind die tierischen Mitbewohner, wie Ines Bluhmki berichtet: „Wir spielen mit den Hunden auf dem Außengelände, sie wählen im Morgenkreis die Kinder – ganz ohne sonst übliche Diskussionen – für die Tagesaufgaben in der Küche oder im Speisesaal aus, mit ihnen gehen Kinder spazieren.“ Wie hilfreich der besondere tierische Draht ist, macht dieses Beispiel deutlich: „Ein Kind mit schwerst-mehrfacher Behinderung ließ sich während der Eingewöhnung von uns Menschen kaum beruhigen. Wenn aber Romeo seine Schnauze auf seinen Bauch legte, sah die Sache anders aus. Anhand seiner Augenbewegung konnten wir erleben, dass das Kind ruhiger und emotional stabilisiert wurde, dass es Freude empfand.“
Für all diese umfangreichen Aufgaben, Dienstleistungen und Angebote beschäftigt die Lebenshilfe Duisburg (s. Kasten) in den sechs Kitas rund 150, insgesamt im Stadtgebiet annähernd 400 Menschen. „Auch für uns als Sozialunternehmen gilt, dass Fachkräfte immer schwerer zu gewinnen sind“, sagt Reichelt. Er berichtet, dass für die Kita-Einrichtungen vor allem Erzieher sowie Heilpädagogen bzw. -pfleger gesucht werden. Dass der Geschäftsführer hier die – eher ungewöhnlich klingende – nicht gegenderte Form nutzt, ist nicht ganz zufällig. „Die Belegschaft in den Kitas ist weiblich geprägt. Das ist bei Elternzeit und Wiedereinstieg vorrangig in Teilzeit nicht immer ganz einfach zu handhaben.“ Deshalb spreche er beispielsweise für Schul-Praktika durchaus bewusst Jungen an.
Zudem setzt Michael Reichelt verstärkt auf die Ausbildung im eigenen Haus: „Wir bilden selbst aus, damit der Nachwuchs schon während der Ausbildung Mitglied unserer tollen Teams wird. Wir versuchen, mit Zusatzleitungen ein lukrativer Arbeitgeber zu sein. Und wir bilden fortwährend on the job weiter.“ Bluhmki unterstreicht den letzten Punkt: „Die Pädagogik von heute hat nichts mehr mit der von vor 20 Jahren zu tun. Zudem stehen aber wahnsinnig viele Veränderungen in den kommenden Jahren an.“ So konzentriere man sich bei Fortbildungen etwa auf Führungsthemen wie systemische Gesprächsführung, Coach, Feedback oder Elternarbeit. Hinzu kämen Themen wie Gesetzeslage oder Schutzkonzeption Gewalt wie auch fachliche Bereiche wie Behinderungsbilder und herausfordernde Kinder.
Apropos Elternarbeit. Ines Bluhmki verspürt keine Vorbehalte wegen der inklusiven Arbeit: „Für jedes Kind mit Förderbedarf wird die Gruppengröße bei gleichbleibendem personellen Betreuungsschlüssel um ein Kind reduziert.“ Ihr ist es wohl ein Anliegen, dass Behinderung nicht als Krankheit angesehen wird: „Die Kinder machen keinen Unterschied, ob jemand eine Behinderung hat oder nicht. Es ist ein gemeinsames Miteinander mit vielen Impulsen, Handicaps zu akzeptieren.“ Michael Reichelt fasst es so in Worte: „Die Lebenshilfe steht dafür, dass es normal ist, verschieden, bunt und vielfältig zu sein. Behinderung ist kein Makel, sondern ein Mehrwert.“
Autorin: Jennifer Middelkamp
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