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Weiterlesen2.000 MAN-Mitarbeiter stellen Turbomaschinen her / Strom effizient und sauber erzeugen
Filigran wie ein Origami-Kunstwerk, leistungsstark und schwer wie mehrere Lkw: Turbinen und Kompressoren, die die MAN Diesel & Turbo SE, dem größten privaten Arbeitgeber in Oberhausen, fertigt, sind genau das, worauf Deutschland mit seinem Gütesiegel „Made in Germany“ stolz ist. High-Tech und Handarbeit, langlebig und widerstandsfähig, Ingenieurskunst, die in aller Welt gefragt ist. „Es ist nicht verwunderlich, dass die drei Weltmarktführer, neben uns sind das Siemens und GE, vorrangig in Deutschland fertigen“, konstatiert Dr. Christopher Antes, Standortleiter von MAN in Oberhausen und Leiter der Geschäftseinheit Turbomaschinen. Zwar investierte der Turbomaschinenhersteller in Fernost und fertigt teilweise auch dort, „aber die Komponenten und Maschinen, die High-Tech in Vollendung bedeuten, entstehen weiterhin in Deutschland und der Schweiz“. Mit diesen Turbomaschinen, die in Industrieanlagen und Kraftwerken zum Einsatz kommen, zählt MAN zu den Weltmarktführern – wenn auch in einem Marktumfeld, das derzeit herausfordernd ist.
Die Leistungsdaten der MAN-Turbomaschinen sind beachtlich: Drücke bis zu 1.000 bar, Gasvolumen von mehr als einer Million Kubikmeter pro Stunde, Temperaturen über 500 Grad Celsius, Stückgewichte, die mehrere hundert Tonnen erreichen können. Diese Höchstleistungen sind nur schwer zu veranschaulichen; vor allem, wenn noch die Leistungsdauer hinzugerechnet wird: Die Maschinen und Anlagen aus Oberhausen sind bei den Kunden fast 365 Tage im Jahr und – nicht ungewöhnlich – 30 bis 40 Jahre lang im Dauereinsatz. Nicht nur die physikalischen Anforderungen sind hoch, auch die an das Material: Für „dreckige“ Prozessgase etwa, die Staubpartikel oder Flüssigkeit mit sich führen, sind besonders robuste Anlagen erforderlich; für saure Gase, die das Material angreifen, werden absolute High-End-Materialien eingesetzt. Eine exzellente Werkstoffkenntnis ist hier Trumpf.
Für Staunen sorgt allein die Schaufel-Produktion an der Steinbrinkstraße – hier liegt das MAN-Werk, das wie die MAN Gruppe insgesamt zum VW-Konzern gehört und quasi mit eigener Auffahrt direkt an der Autobahn 516. Von wenigen Zentimetern bis zu 1,5 Meter lang sind die Schaufeln der Kompressoren und Turbinen, die auf der Welle angebracht dafür sorgen, dass das durchströmende, heiße Gas abgelenkt wird, was den Stahlkoloss zum Rotieren bringt. Aus einem rechteckigen Materialblock werden die Schaufeln CNC-gesteuert auf Mikrometer genau gefertigt. Auf die Welle werden sie nicht geschweißt, sondern mit einem filigranen Fuß eingehakt, um ihn trotz der hohen Fliehkräfte in Position zu halten. „Jede Schaufel, egal welche Größe, muss genauestens austariert sein, andernfalls bekäme der Rotor eine Unwucht“, weiß Felix Brecht, der Pressesprecher bei MAN in Oberhausen ist. Und jede Maschine ist einzigartig, wie er zugleich hinzufügt: „Bei uns ist eine zweite, quasi baugleiche Maschine schon eine Serie.“
Strom und Prozessdampf versorgen Textilwerk
Jeder Kundenauftrag hat hier seine ganz eigenen Anforderungen, ob nun die Zusammensetzung des zu verdichtenden Gases, die Temperatur und Qualität des antreibenden Dampfes oder auch der Ort der Aufstellung: Im chilenischen Hochland etwa herrschen ganz andere Umgebungsbedingungen als an der türkischen Mittelmeerküste, wo eine Turbine des Unternehmens demnächst ein Werk zur Herstellung von Acrylfasern mit Strom und Prozessdampf versorgen wird.
Turbomaschinen, als solche bezeichnet man Kompressoren wie auch Turbinen, arbeiten nach dem gleichen Prinzip, aber quasi in umgekehrter Wirkweise: Vereinfacht gesagt werden Kompressoren angetrieben, um Gas durch Rotation zu verdichten – vergleichbar mit dem Prinzip eines Föns. Turbinen hingegen treiben etwas an: Komprimiertes Gas wird entspannt, sodass ein heißer Gas- oder Dampfstrom entsteht; dieser wird auf den Schaufeln der Turbine so umgelenkt, dass eine Drehbewegung entsteht. „Oft sind diese beiden Strömungsmaschinen in einem Strang aneinandergereiht – Antriebs- und Arbeitsmaschine laufen auf einer Welle. Solche Stränge sind einer unserer Spezialitäten, die wir hier entwickeln, produzieren und an Testständen prüfen“, berichtet der Standortleiter. Ein Teststand für das Prüfen besonders großer Stränge befindet sich seit 2014 auf dem Außengelände. Ein-Meter-dicke Rohre, die das Gas zum Turbo-Herz der Anlage transportieren, verdeutlichen die Dimensionen. „ Wir haben dafür mehrere Millionen Euro investiert.“
10.000 Turbinen und Kompressoren weltweit
Rund 10.000 Turbinen und Kompressoren des Unternehmens sind weltweit aufgestellt. Ein relativ junges Standbein dabei sind kleine Kraftwerkseinheiten zur dezentralen Erzeugung von elektrischem Strom. „Als Ausgleich zur schwankenden Stromerzeugung aus Sonne und Wind kann man so aus Erdgas oder auch Abwärme Strom erzeugen“, berichtet Dr. Christopher Antes. Auch für kleinere Industriebetriebe ist diese dezentrale Stromerzeugung interessant, wenn etwa Dampf, der im eigenen Prozess anfällt, in Strom umgewandelt wird. „Kombiniert man Kreisläufe auf diese Weise, steigt der Brennstoffausnutzungsgrad von 50 bis 60 Prozent beim einfachen Kreislauf auf rund 90 Prozent“, sagt der 53-jährige Standortleiter, der von Haus aus Maschinenbauingenieur ist und sich durch Stationen bei Alstom in Deutschland und der Schweiz das Know-how zum Thema Energieerzeugung erwarb.
Da die Effizienzsprünge stark ausgereizt sind, ist vor allem die Digitalisierung ein Zukunftsthema des Maschinenbauers, wie Felix Brecht, Pressesprecher von MAN in Oberhausen, erläutert: „Bei Software, Steuerung und Vernetzung bieten sich noch Potenziale. Durch den Datenfluss können wir beispielsweise Maschinen auf einer Ölplattform von hier aus steuern oder Vorhersagen über die notwendige Wartung machen. Überhaupt ist der Service von Maschinen ein Thema von wachsender Bedeutung. Hier sind unsere Mitarbeiter an den Anlagen weltweit im Einsatz, um zu warten, zu inspizieren, zu reparieren und zu optimieren.“ Auch im Reparaturbereich hält die Digitalisierung Einzug. „Mittels 3D-Druck, also einem Material zufügendem Verfahren, setzen wir beispielsweise Rotoren instand, um sie schnell und kostenoptimiert wieder an unsere Kunden zu übergeben“, berichtet Brecht.
Hauptabnehmer der MAN-Kompressoren sind die chemische sowie die Öl- und Gas-Industrie. Große Mengen Luft oder andere Gase werden von ihnen auf bis zu 1.000 bar komprimiert– zum Vergleich: Im Autoreifen herrschen zwei bis drei bar. Zum Einsatz kommen sie etwa, um in einer chemischen Reaktion Luft in seine elementaren Bestandteile zu zerlegen. Oder sie finden entlang von Pipelines ihren Einsatz, wo sie in Abständen von mehreren hundert Kilometern den nachlassenden Transportdruck in den Pipelines wieder herstellen.
Der Traditionskonzern MAN ist seit über 250 Jahren am hiesigen Standort, gehen seine Wurzeln doch auf die St.-Antony-Hütte zurück. Diese Tradition verpflichtet für die Zukunft. Derzeit ist MAN an einem unter Experten weltweit vielbeachteten Pilotversuch beteiligt, bei dem eine unbemannte Förderanlage direkt am Meeresgrund arbeitet. Um emissionsfreie Energie geht es dagegen bei einem Projekt in Abu Dhabi: Dort wird in einem solarthermischen Kraftwerk die Energie der Sonne in Kollektoren konzentriert und so Hitze erzeugt, die in Dampf umgewandelt wird, der wiederum eine Turbine antreibt. Und nicht zuletzt die zukunftsweisende „Kalte Fusion“: In Südfrankreich entsteht derzeit der Versuchsreaktor ITER, an dem MAN mitarbeitet. „Unsere Zukunft liegt in hoher Effizienz und geringer Emission. Für diese Ziele arbeiten wir“, schaut Dr. Christopher Antes optimistisch voraus.
Jennifer Middelkamp
Info
MAN Diesel & Turbo SE
Steinbrinkstraße 1
46145 Oberhausen
0208 692-01
www.dieselturbo-man.eu
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