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Unternehmertage und -treffen, Seminare, Arbeitskreise, Business Breaks oder Netzwerkveranstaltungen – die nächsten Termine des Unternehmerverbandes sind hier aufgelistet.
Weiterlesen[uv]magazin: Was sind die vorrangigen Gründe, wenn Jugendliche den Einstieg in Ausbildung oder Beschäftigung nicht schaffen?
Tim Marx: Das Scheitern am Schulsystem ist der markanteste Grund für den nicht gelingenden Einstieg in Ausbildung und Beschäftigung. Jährlich verlassen in NRW ca. 7% der Schülerinnen und Schüler das System ohne Abschluss, eine seit Jahrzehnten anhaltende Größe. Trotz vieler Angebote der Arbeitsverwaltung, bspw. der Berufseinstiegsbegleiter an den Schulen, oder des Landes NRW mit seinem Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ gelingt es nicht, alle Schülerinnen und Schüler zum Schulerfolg zu führen. Hier fehlt es an Ressourcen bei Lehrkräften und Schulsozialarbeit, um rechtzeitig präventiv auf Schulversagen in jeglicher Hinsicht zu reagieren und durch individuelle Förderung und auch Elternarbeit den Abschluss zu sichern. Häufig führen unbearbeitete schulische oder auch familiäre Probleme zu Schulabsentismus und damit fehlt den Schülerinnen und Schülern nicht nur der allgemeinbildende Lernstoff, sondern auch die Berufsorientierung, die in Schule geleistet wird.
[uv]magazin: Welche Schwierigkeiten, aber auch Potenziale sehen Sie bei den jungen Menschen, mit denen Sie arbeiten?
Tim Marx: Die größten Schwierigkeiten bei den oben beschriebenen Problemlagen ergeben sich durch Motivationsverlust und das Fehlen sogenannter „Soft-Skills“ um sich zielgerichtet auf den Arbeitsmarkt einlassen zu können. Die oftmals fehlende Unterstützung bei der Bearbeitung von individuellen Problemen führt zu Resignation und Perspektivlosigkeit, die sich dann den Anforderungen entziehen.
Hier sind wir als Jugendhilfeträger tätig und bieten Hilfestellungen zur Nachbearbeitung: Bei der Bewältigung der Problemlagen, der Unterstützung zum Nachholen von Schulabschlüssen, der gemeinsamen Suche nach Interessen, Ressourcen und Potentialen und der theoretischen und praktischen Qualifizierung. Und wir sehen, dass gerade auch diese benachteiligten jungen Menschen durchaus Stärken haben, die nur gefördert werden müssen.
[uv]magazin: Welche Stärken haben diese Jugendlichen, sprich: Für welche Arbeitgeber sind sie insbesondere interessant?
Tim Marx: Diese Frage lässt sich nur individuell beantworten. Wenn wir die Ressourcen erkannt haben, gilt es sie zu bestärken, ihnen Mut zur ihrer Selbstwirksamkeit zu vermitteln und sie immer wieder erneut herauszufordern. Wir entdecken Talente für handwerkliche Anforderungen, finden Potentiale für Dienstleistungs- oder Service-Berufe, wissen aber auch dass nicht jeder Wunschtraum in Erfüllung gehen kann.
Diese jungen Menschen sind für Arbeitgeber interessant, die sich darauf einlassen können, ein wenig mehr Zeit in die Ausbildung zu investieren und Ausbildung auch als Herausbildung von Persönlichkeit verstehen.
Gerne berichte ich zu dieser Frage von einer besonderen Karriere, die ein junger Mann (mit Migrationshintergrund, ohne Schulabschluss) bei uns in der Jugendwerkstatt begonnen hat. Er besucht derzeit die Meisterschule und hat im letzten Jahr den Betrieb seines Malermeisters übernommen.
[uv]magazin: Welche Tipps haben Sie für die Unternehmen, wie sie diese Klientel für sich gewinnen können?
Tim Marx: Das Umdenken hat bereits begonnen. Mehr und mehr Betriebe öffnen sich für junge Menschen, die nicht im ersten Anlauf zur Eliteauswahl gezählt würden. Diese Offenheit ist der erste Garant, junge Menschen zu gewinnen. Ein ehrliches Interesse an den Biografien und vielleicht bisherigen Hindernissen, ein wenig Nachsicht, wenn nicht alles sofort funktioniert, die wohl dosierte Ermutigung zu neuen Herausforderungen sind gewinnbringende Faktoren.
Natürlich muss das Verhältnis stimmig sein, dieser Grundstein kann aber bereits in Praktikumsphasen erprobt werden. Hier sollten Unternehmen bereits in diese Phasen investieren.
[uv]magazin: Jugendliche gelten heute als besonders Technik-affin – ist das auch Ihre Erfahrung?
Tim Marx: Sowohl als auch! Wir kennen sogenannte „Nerds“, die sich sehr intensiv mit technischen Entwicklungen beschäftigen – auch autodidaktisch, was für Potentiale spricht – wir kennen aber andere junge Menschen, die von der technischen Entwicklung abgekoppelt sind, da ihnen die Hardware fehlt, Digitalisierung im Unterricht zu kurz kam, etc. Hier sehe ich noch viel Entwicklungsbedarf für die Bildungseinrichtungen
Die sci:moers gGmbH ist seit 45 Jahren Träger von Angeboten der Jugendberufshilfe und hat in diesem langen Zeitraum immer auf die jeweiligen Bedarfe im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt reagiert.
Zu Beginn war das Handlungsfeld die Jugendarbeitslosigkeit, die durch die Bergbau- und Stahlkrise Anfang der 1980er Jahre ausgelöst wurde und alternative Beschäftigungsfelder für junge Menschen schaffen musste. Dies hat sci:moers in den folgenden Jahren durch vielfältige Berufsorientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und Ausbildungsangebote diverser Berufsbilder in außerbetrieblicher Ausbildung immer wieder an den Bedarfen des Arbeitsmarktes in enger Abstimmung mit der Arbeitsverwaltung angepasst.
Mehr als 1.500 jungen Menschen wurden in diesem Zeitraum in die berufliche Orientierung vermittelt, ca. 700 junge Menschen wurden zu Tischlerinnen und Tischlern, Büro- und Restaurantkaufleuten, Gärtnerinnen und Gärtnern, Köchinnen und Köchen sowie im Bereich Metallbau und Friseurwesen ausgebildet. Geschäftsführer Tim Marx: „Durch die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sind die Angebote der Arbeitsverwaltung geringer geworden und werden nunmehr zentral gesteuert. Die regionalen Bedarfe werden nur noch bedingt berücksichtigt. Dies hatte für uns zur Konsequenz, dass wir uns auf unsere Beratungskompetenz reduziert haben und nur noch die Jugendwerkstatt und das Werkstattjahr/Produktionsschule anbieten. Hier finden junge Menschen Aufnahme, die noch sehr orientierungslos sind bzw. den die Grundvoraussetzungen bspw. der Schulabschluss fehlen. Unsere Beratungsangebote im Übergang Schule/Beruf, hier werden wir durch das Land NRW gefördert, haben wir mit der Arbeitsverwaltung und dem Jobcenter vernetzt und damit die Jugendberufsagenturen im Kreis Wesel mitbegründet.“
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